Für ein Leben voller Beziehungen
3.1
Der ältere Mensch hat das Recht auf ein aktives Beziehungsleben.
3.2
Der ältere Mensch hat das Recht, mit jedem zusammenzuleben, den er möchte.
3.3
Institutionen und Gesellschaften haben die Pflicht, jede Form der Inhaftierung, Ghettoisierung oder Isolation gegenüber älteren Menschen zu vermeiden, die sie daran hindert, frei mit Menschen aller Altersgruppen in der Bevölkerung zu interagieren.
3.4
Es ist die Pflicht der Institutionen, die Unterstützung von Familien zu gewährleisten, in denen ältere Menschen leben und die das Zusammenleben weiterhin fördern möchten.
3.5
Institutionen und Gesellschaften haben die Pflicht, die emotionale Kontinuität älterer Menschen durch Besuche, Kontakte und Bekanntschaften mit ihren Angehörigen oder denen, zu denen sie emotionale Beziehungen pflegen, zu gewährleisten.
Beispiele und Überlegungen
Die Möglichkeit eines aktiven Beziehungslebens ist nicht nur dann nicht gewährleistet, wenn Menschen zu Hause oder in Pflegeeinrichtungen mit eingeschränkter Möglichkeit von Begegnungen und Besuchen untergebracht sind, sondern auch, wenn die Pflegeeinrichtungen vom Leben in der Nachbarschaft getrennt sind. Daher muss es eine Verpflichtung seitens der Institutionen und Gemeinschaften sein, eine fruchtbare Beziehung zwischen jungen Menschen und älteren Menschen auf allen Ebenen zu fördern und die vielfältigen Formen der Integration zu fördern.
3.6
Der ältere Mensch hat das Recht, seine psychophysische Integrität zu schützen und vor allen Formen physischer und moralischer Gewalt und unangemessenen Formen körperlicher, pharmakologischer und umweltbedingter Zwang sowie vor Missbrauch und vorsätzlicher oder unabsichtlicher Fahrlässigkeit geschützt zu werden.
3.7
Wer mit älteren Menschen zu tun hat, ist verpflichtet, jede Form von Missbrauch, Gewalt und Diskriminierung gegen sie zu melden.
Beispiele und Überlegungen
Um jede Form von Gewalt gegen ältere Menschen entschieden zu bekämpfen, könnte die Einführung erschwerender Strafen bei moralischer und körperlicher Gewalt, Misshandlung, Entzug der Grundversorgung, Drohungen, Erpressung, Demütigung, Einschüchterung, wirtschaftlicher Gewalt oder finanzieller Gewalt in Betracht gezogen werden. insbesondere wenn sie in einer geschützten Umgebung oder in Pflege- oder Betreuungseinrichtungen auftreten. Der Kampf gegen alle unzulässigen Formen physischer, pharmakologischer und umweltbedingter Einschränkungen erscheint besonders wichtig.
Dieser Schutz sollte unabhängig davon gewährleistet sein, ob Gewalt, Missbrauch oder Vernachlässigung zu Hause, in einer Einrichtung oder anderswo vorkommen.
Die wirksamste Form der Prävention dieser Art von Missbrauch stellt nicht der Einsatz bloßer Formen der technischen Kontrolle wie der Einsatz von Videokameras dar, sondern die Möglichkeit, das Beziehungsleben und die Interaktion mit der Außenwelt älterer Menschen zu pflegen: Die Anwesenheit von Besuchern und Freiwilligen stellt den besten Schutz vor Missbräuchen dar, die in geschlossenen Räumen auftreten können.
Ein weiteres Präventionsinstrument ist das Recht älterer Menschen, die Orte und Menschen zu wählen, mit denen sie zusammenleben möchten, auch durch die Förderung von häuslicher Pflege und Co-Housing-Diensten als für jedermann zugängliche Möglichkeiten.
3.8
Der ältere Mensch hat das Recht, auch durch flexible, seinen Verhältnissen und Möglichkeiten entsprechende Arbeitsformen oder durch ehrenamtliche Tätigkeiten aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
3.9
Der ältere Mensch hat das Recht, auch bei psychophysischen Einschränkungen die Möglichkeit zu behalten, Zugang zu Kultur- und Freizeitangeboten zu erhalten, seine Gedanken auszudrücken und seine Kultur zu fördern.
3.10
Es ist die Pflicht der Institutionen, digitale Inklusion, E-Learning und die Bereitstellung von Lernangeboten durch IT-Mittel zu gewährleisten.
Beispiele und Überlegungen
Die Gewährleistung dieses Rechts erfordert die Ausübung des öffentlichen Schutzes durch Körperschaften und Verwaltungen, die aufgefordert sind, geeignete Lösungen zu finden, um Marginalisierungsprozesse zu verhindern.
Dazu müssen Institutionen geeignete Hilfsmittel bereitstellen, nicht nur für sehbehinderte oder hörgeschädigte Menschen oder für die Mobilität, sondern auch für soziale und digitale Teilhabeangebote.
Darüber hinaus stellt die konkrete und nachweisbare Möglichkeit des Zugangs zu Kindertagesstätten eine unverzichtbare Form des Schutzes dieser Rechte dar.
Das Recht des älteren Menschen, die von ihm bevorzugten Tätigkeiten, einschließlich Arbeit und Ausbildung, auszuüben, darf nicht außer Acht gelassen werden, allerdings in geeigneten und tatsächlich praktikablen und verfügbaren Formen. Tatsächlich führt ein weitverbreitetes Vorurteil zu der Annahme, dass ältere Menschen zu Aktivität und Engagement unfähig seien. Es liegen wissenschaftliche Erkenntnisse vor, dass das aktive Altern im Alter, das nicht nur ein höheres Überleben, sondern auch einen langsameren Rückgang gewährleistet, zu einer geringeren Nachfrage nach Sozial- und Gesundheitsdiensten und einer besseren Lebensqualität führt.
3.11
Der ältere Mensch hat das Recht auf Mitarbeit
die eigenen Überzeugungen, Meinungen und Gefühle bewahren und respektieren lassen.
Beispiele und Überlegungen
Das Recht älterer Menschen, religiöse Praktiken auszuüben, wird durch den Mangel an Gottesdienststätten sowie durch die wiederholte Entscheidung, religiöse Gottesdienste an Aufnahme- und Pflegeorten zu schließen, ausgebremst.
3.12
Der ältere Mensch hat das Recht, sich frei zu bewegen und zu reisen.
3.13
Die Institutionen haben die Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen, um die Mobilität älterer Menschen und einen angemessenen Zugang zu der für sie bestimmten Infrastruktur zu erleichtern.
Beispiele und Überlegungen
Die städtische Umwelt ist nicht frei von Hindernissen und Barrieren für die Mobilität älterer Menschen, die wie andere fragile Menschen unter erheblichen Einschränkungen beim Reisen mit Verkehrsmitteln, an öffentlichen Orten und an Orten, die der Öffentlichkeit zugänglich sind, leiden. Daher muss die Beseitigung jeglicher Einschränkung der Bewegungsfreiheit eine wachsende und ständige Verpflichtung aller öffentlichen Institutionen sein.